Karl-Heinz Ochs war von Beginn an dabei. Er half mit, den Verein „Minden – Für Demokratie und Vielfalt“ vor zehn Jahren auf die Beine zu stellen. Oder wie der 73-Jährige in seiner direkten und sympathischen Art sagt: „Ich habe den Kram hier mit aufgebaut.“ Als Koordinator hat er den Verein mit seinen Ideen, Projekten und seiner unermüdlichen Netzwerkarbeit im Kampf vor allem gegen Rechtsextremismus und für Demokratie und Vielfalt geprägt. Doch es war Zeit für einen Wechsel.
Er wollte die Verantwortung bereits seit längerer Zeit in jüngere Hände geben, sagt Ochs. Bürokratische Hürden hätten dabei auch eine Rolle gespielt, die Motivation habe nachgelassen. Die Suche nach einem Nachfolger sei nicht leicht gewesen, doch am Ende war sie erfolgreich: Marcel Komusin hat seine Aufgaben vor Kurzem übernommen.
Der Verein für Demokratie und Vielfalt wurde 2011 gegründet, um die Arbeit des Lokalen Aktionsplans (LAP) und damit die Gestaltung des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ in Minden voranzubringen. Hervorgegangen war der Verein aus dem damals bestehenden Bündnis „Minden – für Demokratie und Vielfalt“ und dem „Steuerkreis“ unter maßgeblicher Beteiligung des damaligen Bürgermeisters Michael Buhre.
Marcel Komusin, staatlich anerkannter Erzieher, war auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung, wie er berichtet. Er kennt Ochs bereits seit vielen Jahren – und als dieser fragte, ob er seine Nachfolge antreten möchte, habe er nicht lange überlegen müssen. „Hier ist ein toller Treffpunkt entstanden, viele Projekte wurden bereits auf die Beine gestellt, hier laufen alle Fäden zusammen“, sagt Komusin, der unter anderem „Minden gegen Rechts“ mitgegründet hat, sich im Treffpunkt „Papagei“ federführend engagiert hat und in den vergangenen Jahren zahlreiche Veranstaltungen zum Beispiel in Jugendhäusern oder auch politische Diskussionen organisiert hat.
In nächster Zeit will der 36-jährige Mindener in seiner neuen Position zunächst einmal viele Gespräche führen, Akteure kennenlernen, Kontakte pflegen und neue knüpfen, sich über Ideen unterhalten. Hinzu kommt der regelmäßige Austausch mit dem Ministerium und der Stadt Minden. „Ich muss mich da hineinfinden“, gibt er zu. Für die Zukunft hat der neue Koordinator schon einige Ideen für Demokratie-Projekte im Kopf, die allerdings noch nicht spruchreif seien. Was er aber schon sagen könne: „Beim Thema Antisemitismus möchte ich mich besonders engagieren.“ Und auch in den Schulen will er präsent sein, dort Angebote machen, um Demokratie zu fördern. Was Komusin dabei allgemein wichtig ist: Es gehe nicht nur darum, gegen etwas zu sein, sondern sich für Demokratie, Toleranz und Vielfalt einzusetzen. „Wenn ich gute Arbeit leiste, wird man das mitbekommen.“ Und wenn er dabei Hilfe braucht, kann er seinen Vorgänger um Rat fragen. Karl-Heinz Ochs will sich aber nicht mehr aktiv in die Arbeit einmischen, kündigt er an: „Ich will mich nicht aufdrängen.“
Die Stadt Minden erhält jährlich aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ des Familienministeriums eine Förderung von 125.000 Euro und steuert einen Eigenanteil von 14.000 Euro bei, berichtet Regine Bonk, die im Rathaus diese Mittel verwaltet. Die finanzielle Hilfe des Bundes sei bis Ende 2024 gesichert, es müsse aber jedes Jahr ein neuer Antrag gestellt werden. Das Geld wird in Minden zum Beispiel dafür verwendet, um die Mietkosten des Vereins zu bezahlen, um die Koordinierungs- und Fachstelle zu finanzieren, die Marcel Komusin nun innehat, aber auch um verschiedene Projekte zu fördern. Das können zum Beispiel Vorträge, Ausstellungen oder auch das Pflanzen weiterer Korbinians-Apfelbäume sein. Das Apfelbaumprojekt hatte Karl-Heinz Ochs vor einigen Jahren mit dem Mindener Koordinatorenteam initiiert. Der Korbiniansapfel ist eine Sorte, die der Pfarrer Korbinian Aigner während seiner Gefangenschaft im KZ Dachau züchtete und aus dem Lager schmuggeln konnte.
Viele Projekte des Vereins finden keine große Beachtung in der Öffentlichkeit, sie seien aber trotzdem enorm wichtig, betont Komusin. Und Karl-Heinz Ochs macht noch einmal auf die Bedeutung der bundesweiten Netzwerkarbeit aufmerksam: „Bei den Gesprächen entstehen neue Ideen – auch wenn man nicht nach jeder Tagung zwei, drei neue Projekte in der Tasche hat.“Dass der Einsatz für Demokratie und Vielfalt und der Kampf gegen Extremismus auch in Zukunft eine zentrale Rolle in Minden spielen wird, steht für Peter Kock fest. Er engagiert sich von Beginn an gemeinsam mit Egon Stellbrink im Vereinsvorstand. „Ich hätte bei der Gründung nicht gedacht, dass wir diese Arbeit heute noch viel dringender brauchen als vor zehn Jahren“, gibt Kock zu.
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